Die EU hat überraschend das Investitionsabkommen mit China auf Eis gelegt.
Valdis Dombrovskis, der Vizepräsident der EU-Kommission, hat heute (4. Mai) mitgeteilt, dass die EU sich vorerst nicht weiter um eine Ratifizierung des Abkommens bemühen wird. Das überrascht insofern, als das Abkommen schon fast in den sprichwörtlichen “trockenen Tüchern” war.
Ende letzten Jahres war es unter der Ratspräsidentschaft Deutschlands zu einer Übereinkunft zwischen EU und China gekommen. Mit dem Abkommen sollte der gegenseitige Marktzugang von Unternehmen zu den beiden Märkten erleichtert werden.
Die Bundesregierung hatte stolz verkündet: “Die EU und China haben sich auf ein umfassendes Investitionsabkommen geeinigt. Es bietet europäischen Firmen einen Investitionsschutz sowie einen verbesserten Marktzugang. Mit dem Abkommen geht China zum ersten Mal eine auf Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung gestützte, wertebasierte Investitionsbeziehung ein.”
Aus europäischer Sicht hat das Abkommen zwei Hauptziele:
- Europäische Unternehmen sollen einen leichteren Zugang zum chinesischen Markt bekommen. Bisherige Benachteiligungen beim Marktzugang sollen aufgehoben werden.
- Chinesische Unternehmen, die in der EU aktiv sind, sollen nicht durch chinesische Subventionen unfaire Vorteile gegenüber den europäischen Unternehmen haben.
Für deutsche und europäische Unternehmen ist der Stillstand der Verhandlungen also nicht gerade ein Vorteil.
In den letzten Wochen kam es zu einer Verschlechterung der diplomatischen Beziehungen. Hintergrund dabei sind keine Wirtschaftsthemen, sondern die Menschenrechtsverletzungen durch China.
Die EU hatte Sanktionen verhängt, auf die China mit Gegensanktionen reagiert hat. In diesem Umfeld hat die EU-Kommission nun entschieden, das Thema „Investitionsabkommen“ ruhen zu lassen.
Damit kommt die EU auch Wünschen der USA entgegen. Präsident Biden fährt gegenüber China einen harten Kurs und hat wenig Interesse daran, dass sich EU und China annähern.
Ist das Abkommen damit gestorben?
Nach ersten Pressemeldungen am Dienstagabend konnte man den Eindruck bekommen, das Abkommen sei komplett gestorben. Um 20:24 Uhr hat Valdis Dombrovskis dann auf Twitter klargestellt, dass es sich nicht um ein förmliches Aus handelt.
Er bestätigte per Retweet eine Aussage, die seine Kommunikationsberaterin Vanessa Mock kurz vorher geposted hatte:
“Dies ist kein formeller Aussetzungsbeschluss, sondern bedeutet nur, dass es im Moment keine politischen Maßnahmen gibt, um das Abkommen zu fördern.”
D.h. man tritt (vorerst) nur leicht auf die Bremse, und macht China deutlich, dass die aktuelle Entwicklung keine gute ist. Das passt auch insgesamt in den Fahrplan:
Am morgigen Mittwoch will die EU weitere wettbewerbspolitische Maßnahmen bekannt geben, die gegen Chinas wirtschaftliche Einflussnahme in Europa gerichtet sind.
Für die nächsten Monate schaut es also nach einer politischen und wirtschaftlichen Eiszeit aus.