Bild mit Flaggen von Schweiz und Europäischer UnionNach 7 Jahren erfolgloser Einigungsversuche hat die Schweiz heute (am 26. Mai 2021) die Verhandlungen zum “Institutionellen Abkommen (InstA)” mit der EU abgebrochen.

Das InstA war ein geplantes Abkommen, das als Rahmenvertrag die Grundlage für die Aktualisierung von mehr als 100 Einzelabkommen bilden sollte.

Das “Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA” – die schweizerische Entsprechung des Außenministeriums – hat diese Entscheidung auf der offiziellen Webseite bekannt gegeben.

Demnach …

“kam der Bundesrat am 26. Mai 2021 bei seiner Gesamtevaluation zum Schluss, dass in entscheidenden Punkten zwischen der Schweiz und der EU substanzielle Differenzen bestanden hätten, die nicht hätten geklärt werden können.”

Die offizielle Mitteilung finden Sie hier:

Die Schweiz bleibt auch ohne institutionelles Abkommen engagierte Partnerin der EU

Die EU hat in etlichen Punkten gefordert, dass die Schweiz EU Regelungen vollständig übernimmt. Das ging den Schweizern zu weit – so dass man lieber die Verhandlungen abbricht und Nachteile in Kauf nimmt, als weiter fruchtlose Verhandlungen zu führen.

Bundesrat Cassis nannte als Beispiel den Bereich der Medizinprodukte, der durch das Abkommen über die technischen Handelshemmnisse geregelt wird.

Weitere Streitpunkte zwischen Schweiz und EU sind:

  • Marktzugangsabkommen in verschiedenen Branchen (Strom, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit)
  • Freizügigkeit von Arbeitnehmenden und deren Familien
  • Lohn- und Arbeitnehmerschutz
  • staatlichen Beihilfen

Der vielleicht wichtigste Streitpunkt sind die Löhne. Das Lohnniveau in der Schweiz ist höher als in der EU, und die Schweiz möchte sicherstellen, dass das so bleibt. Die EU dagegen hätte gerne, dass EU Unternehmen Mitarbeiter in der Schweiz arbeiten lassen können, ohne sich dem Schweizer Lohnniveau anpassen zu müssen.

Äußerungen wie “zuverlässige und engagierte Partnerin der EU” kann man getrost als belangloses diplomatisches Geschwätz abtun. In Wahrheit ist ein Verhältnis mit “substanzielle Differenzen” zerrüttet.

Die EU verweigert ohne das Rahmenabkommen kategorisch die Aktualisierung vieler zum Teil schon 50 Jahre alter Abkommen. Anders als die Schweiz hat sich die Europäische Kommission bei Ihrer Erklärung der Kommission zur Entscheidung des Schweizer Bundesrats heute jede diplomatische Weichspülerei gespart.

Man muss gar nicht zwischen den Zeilen lesen, um die Verstimmung zu spüren. Die Kommission schreibt:

Ohne dieses Rahmenabkommen wird diese Modernisierung der laufenden Beziehungen unmöglich und die bestehenden bilateralen Abkommen werden zwangsläufig veralten.

Mit einem Handelsvolumen von 101.6 Milliarden Euro im Jahr 2021 gehört der Nachbar Schweiz zu den wichtigsten Handelspartnern Deutschlands. Unterm Strich schadet das Ende der Verhandlungen der Schweiz mehr als der EU. Beispielsweise müssen deshalb ab Mai 2021 Schweizer Unternehmen für bestimmte Medizinprodukte in der EU eine Zulassung beantragen. Mit einem Abkommen wäre das nicht nötig gewesen.